X zeigt nun Herkunftsländer von Accounts an

Die Plattform X hat am Wochenende eine Funktion eingeführt, die das mutmaßliche Herkunftsland von Profilen anzeigt. Was zunächst nach mehr Transparenz klingt, wirft in der Praxis allerdings auch einige Fragen auf. Da unter anderem auch mehrere große Polit-Accounts plötzlich in Regionen erscheinen, die eigentlich kaum zur eigenen Selbstdarstellung passen.

Unter „Über diesen Account“ oder mittels Klick auf „Beigetreten …“ erscheinen nun auf X Angaben zum vermuteten Betriebsstandort, zur App-Store-Region sowie zum Accountalter. Die Basis bilden laut X-Produktchef Nikita Bier verschiedene Datenpunkte wie IP-Adressen, Login-Verhalten und Spracheinstellungen. Doch bereits erste prominente Beispiele zeigen auch einige Grenzen, so wird ein Trump-Fanaccount mit über einer halben Million Follower plötzlich in Südasien verortet, ein Putin-Kanal angeblich in Pakistan betrieben, und ein vermeintlicher Account des Ehemanns der Pressesprecherin des Weißen Hauses stammt laut Anzeige aus Nigeria.

Technische Schwächen und Manipulationsmöglichkeiten

Die Zuverlässigkeit der Standortdaten bleibt fraglich, da unter anderem VPN-Dienste IP-Adressen verschleiern könnten, während App-Store-Regionen oft nicht mit dem tatsächlichen Aufenthaltsort übereinstimmen. Selbst Venezuelas Präsident Maduro wird laut seinem Profil in den USA verortet, obwohl aktuelle Aufnahmen ihn eindeutig in Caracas zeigen. Nutzer, die mehrere technische Parameter gleichzeitig beeinflussen, könnten das System gezielt täuschen, während andere ohne jede Absicht falsch eingeordnet werden.

Risiken für gefährdete Personengruppen

Besonders problematisch wird es für Aktivisten, Journalisten oder Oppositionelle in autoritären Staaten. Die öffentliche Anzeige ihres Herkunftslandes oder indirekte Hinweise auf VPN-Nutzung können sie gefährden. Auch marginalisierte Gruppen, die auf Anonymität angewiesen sind, sehen sich einem erhöhten Doxxing-Risiko ausgesetzt. Hinzu kommt die Gefahr politischer Instrumentalisierung durch fehlerhafte Zuordnungen.

Andere Plattformen gehen bewusst andere Wege

Facebook zeigt seit 2018 bei größeren Seiten Administratorenstandorte an, verzichtet aber gezielt darauf, Privatpersonen zu exponieren. YouTube und TikTok kennzeichnen staatlich finanzierte Medien, veröffentlichen jedoch keine Creator-Standorte. Diese Zurückhaltung ist kein Zufall, sondern resultiert unter anderem aus der Abwägung zwischen Transparenz und den eventuell entstehenden Sicherheitsrisiken.

Das neue Feature von X mag trotzdem einen gewissen Beitrag zur Einordnung politisch einflussreicher Accounts leisten können, doch die technischen Ungenauigkeiten und erheblichen Sicherheitsbedenken überwiegen bislang. Die Standortangabe sollte daher aktuell bestenfalls als vager Hinweis verstanden werden und keinesfalls als verlässlicher Herkunftsnachweis.



(Bild: x.com)
Datum:
24.11.2025, 00:15 Uhr
Autor:
Stefan Kröll
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